Kurzkommentar --- 7. September 2004
Günter Rohrmoser

Wieviel Dekadenz kann unsere Gesellschaft noch verkraften?

Im letzten Jahr wurden in Deutschland 270.000 Ehen geschieden und dies in der Regel noch vor dem siebten Ehejahr. Die Tendenz ist steigend und die Scheidungsrate nähert sich der 50-Prozent-Grenze. Das würde bedeuten, dass jede zweite Ehe in Deutschland auseinander geht. Dies ist eine Entwicklung, die in einer Gesellschaft, die immer mehr die Neigung hat, sich nicht als liberal, sondern als libertär zu verstehen, nicht korrigiert und aufgehalten werden kann. Man kann daher die Daten nur zur Kenntnis nehmen und sich dieser unerfreulichen Realität stellen. Die Entartung einer liberalen Gesellschaft in eine libertäre tritt dann ein, wenn der Zusammenhang zwischen Rechten und Pflichten aufgelöst wird. Wir neigen immer mehr dazu, unter Freiheit nichts anderes zu verstehen, als die beliebige Willkürfreiheit und das Recht von allen auf alles. Man muss nüchtern zu Kenntnis nehmen, dass es für eine solche Entwicklung keine Korrekturmöglichkeit in unserer Gesellschaft gibt. Wir beschränken die gesetzlichen Regelungen auf die Prozesse, in denen das Kollektiv seine Selbsterhaltung und materielle Befriedigung organisiert, davon abgesehen bleibt alles dem Privaten überlassen. Jede Kritik an der These, dass das Schicksal der Ehe und damit der bürgerlichen Familie von etwas anderem abhänge als von dem, welche Konsequenzen die Individuen aus der Einschätzung ihrer eigenen Interessen und Bedürfnisse ziehen, würde sofort dazu führen, dass der Betreffende in die rechteste Ecke und damit unter Faschismusverdacht gestellt wird.

Nun ist ja die totale, bzw. fast ins Totalitäre drängende ...

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