Kurzkommentar --- 21. Februar 2005
Günter Rohrmoser

Zweierlei Maßstäbe - Kampf um die Deutungshoheit

Im Vorfeld des Gedenkens an die Zerstörung Dresdens durch die britische Luftwaffe am 13. Februar vor 60 Jahren spielt sich in der Bundesrepublik Deutschland eine Art Kampf um die Deutungshoheit dieses Geschehens und des schrecklichen Ereignisses von Auschwitz ab. Die Fragestellung, ob, wann, in welcher Form und wem die Deutschen ihr Gedächtnis widmen dürfen, ist damit, und das dürfte eine der schlimmsten Ergebnisse dieser letzten Wochen sein, politisiert worden. Diese Frage ist zu einem Teil des politischen Machtkampfes gemacht geworden.

Die Parteien schieben sich wechselseitig die Verantwortung für das Hochkommen der NPD in Sachsen zu. Die CSU nennt den Bundeskanzler, macht ihn für die Arbeitslosigkeit verantwortlich, die SPD auf der anderen Seite meint, dass die CDU einen größeren Anteil an dem Hochkommen dieser Partei hat. Herr Trittin in besonders listiger und kundiger Weise eines alten Politstrategen macht die bürgerliche Mitte und ihre Eliten und damit indirekt die CDU verantwortlich. Es wäre kein Wunder, wenn es auch gute Gründe gäbe, die Grünen für die neue Rechtswelle in der Bundesrepublik verantwortlich zu machen.

Man wird lange über die Frage nach den Gründen und Ursachen diskutieren können. Sicher kann man sich unter dem Eindruck dieser Diskussion nur darüber sein, dass es nicht nur einen, sondern viele Gründe für diesen Vorgang gibt. Besonders eindringlich aber war eine Diskussion, die vor einigen Tagen im deutschen Fernsehen um die Schuld für Auschwitz und den Bombenterror der Briten gegen Dresden geführt wurde. Hier war es ein nicht unbedeutender Kirchenhistoriker, ein evangelischer Theologe, der mit Vehemenz und mit Nachdruck, wenn auch um Worte ringend, die These vertrat, dass man die Frage nach der Verantwortung und Schuld für den Bombenkrieg gegen Dresden gar nicht stellen könne und auch gar nicht stellen dürfe. Die Deutschen hätten den Krieg begonnen und sie hätten ihn brutal geführt und daher sei es nichts anderes als eine natürliche und logische Folge, dass die Briten in der Form einer Auslöschung Dresdens zurückgeschlagen hätten. Auch der Bundeskanzler geht zwar nicht so weit, dass er den Deutschen das Gedenken an die Opfer von Dresden verbieten will, aber er mahnt sie doch, sich dabei inne zu sein, dass es Deutsche waren, die diese Kausalkette in Gang gesetzt und viel größere Verbrechen begangen hätten.

Und gleichzeitig wird davor gewarnt, dass man die Opfer, ...

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