Kurzkommentar --- 17. April 2005

Günter Rohrmoser

Konservativer Erneuerer in Rom
In Deutschland nichts Neues!


Vor vielen Jahren stellte Papst Johannes Paul II bei einem Empfang im Vatikan an mich die Frage: „Wie denkt man über den Papst in Deutschland?“ Meine Antwort lautete: „Nicht so wie man sollte, Heiliger Vater.“

Wie denkt man in Deutschland über den Papst? Das Bild, das vom Papst in Deutschland verbreitet wird, ist, um das mindeste zu sagen, sehr zwiespältig. Von welcher Art diese Zwiespältigkeit ist, wurde in besonders eindrucksvoller Weise wieder einmal deutlich, als am Sonntag bei der Talkshow Sabine Christiansen zwei besonders renommierte und als sachkundig geltende Papst- und Kirchenkritiker die Gelegenheit bekamen, ihre seit vielen Jahren verbreiteten Auffassungen erneut vorzutragen. Beide schickten natürlich ihrer Kritik, die sie sehr fundamental ansetzten, voraus, dass sie durchaus auch die Seiten sehen, die beim Papst eine Anerkennung verdienen. Dazu gehörte sein politisches Engagement, sein Einsatz für die Menschenrechte, sein Beitrag zum Sturz des Kommunismus in Osteuropa, sein Dialog mit den Weltreligionen, seine Versöhnung mit den Juden und sein großer Anteil, den er am Zustandekommen der deutschen Wiedervereinigung hatte. Das ist die eine, die rühmenswerte, die progressive Seite des Papstes.

Dieser lichten Bilanz steht eine andere gegenüber. Hier erscheint der Papst in einem düsteren Licht. Der „Kirchenkritiker“ Heiner Geißler hielt sich in der direkten Kritik der Person des Papstes zurück, meinte aber doch sagen zu müssen, dass die Kirche selbst am Ende seines 26-jährigen Pontifikates sich in einem Zustand befände, in der sie in und an sich selbst ersticke. Wenn man diesen Zustand, der an sich selbst erstickenden Kirche Ernst nimmt, kann man das Wirken dieses Papstes natürlich nicht als Erfolg, sondern nur als Scheitern bewerten.

Viel direkter und massiver zeichnete Küng zum wiederholten Male sein bekanntes düsteres Bild, das er vom Zustand der katholischen Kirche hat. Alles zusammengefaßt konnte man den Eindruck haben, dass es sich hier um das letzte bürokratisch verwaltete totalitäre System in der Welt handle.

Der Papst wird in allen Fragen, die progressiven Menschen am Herzen liegen, erkennbar als ein finsterer Reaktionär, der die Frauen unterdrücke, die Demokratie in der Kirche ersticke, der weltfremd am Zölibat festhalte, durch sein Verbot des Gebrauchs von Kondomen an dem Massenelend und -sterben in Afrika schuld sei und der sich vielleicht als sein schlimmstes Vergehen erlaubt hätte, Hans Küng nicht gebührend zur Kenntnis zu nehmen, seine Bücher nicht zu lesen und sich, man höre und staune, geweigert hätte, ihn zu empfangen, um mit ihm über seine progressive Theologie zu diskutieren.

Die übrigen Stimmen, die sich anläßlich seines Todes zu Gehör brachten, ...


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