Kurzkommentar --- 6. Mai 2005
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Günter Rohrmoser Kapitalismuskritik
Das
Thema, das sich geradezu aufdrängt, ist das was man
gegenwärtig
Kapitalismuskritik nennt. Wenn man an die große Zeit der
Kapitalismuskritik von Karl Marx denkt und weiter verfolgt bis in die
68er hinein, in der sich die Studenten der Kapitalismuskritik der
Frankfurter Schule bemächtigt haben, dann ist Kapitalismuskritik
heute ein gewichtiges Wort mit großer Tradition und hohem
theoretischen Ernst und Tiefgang. Wenn man an diesem Maßstab
nun das misst, was wir gegenwärtig erleben, dann muss man sagen,
dieses Geraune und Gekläffe verdient den Namen
Kapitalismuskritik überhaupt nicht. Denn der Kapitalismus wird
ja gar nicht kritisiert, denn wenn er kritisiert würde,
müsste
es ja geschehen aufgrund eines Begriffes, einer neuen Phase in die
das Kapital eingetreten ist, die Karl Marx für das 20.
Jahrhundert vorausgesehen hat, in der die kapitalistische
bürgerliche
Gesellschaft, ehe sie aus der Geschichte ausscheidet, noch ein
großes
weltumspannendes Werk zu vollbringen hat, nämlich den Weltmarkt
herzustellen. Sie müsse diesen Weltmarkt als die Bedingung
für
die Einigung der Menschheit erst vollbracht haben und dann wäre
es vielleicht an der Zeit, über das Ende des Kapitalismus
nachzudenken. Karl Marx hat in scharfsinnigen Analysen die Strukturen
zu begreifen versucht, die als innere Notwendigkeit und Logik hinter
dem von ihm prognostizierten Prozess stehen. Wir dürfen ja nicht
vergessen, dass Karl Marx jahrelang jeden Tag 14 Stunden im
Britischen Museum gesessen und studiert hat. Von denen, die heute so
flott daherreden, hat keiner jemals 14 Stunden in einer Bibliothek
gesessen und studiert.
Was
wird dann aber eigentlich kritisiert? Und was wäre über das
Kritisierte hinaus denn nun eigentlich kritikwürdig? Da hört
man so eigenartige Begriffe. Von Heuschreckenschwärmen ist die
Rede, 1,6 bis 2 Billionen Dollar, die täglich um die Welt summen
und jagen und überall ausspähen, wo eine
renditeverdächtige
Anlage möglich ist, sich dann darauf stürzen, das Werk
aufkaufen, es zerschlagen, die Filetteile herausholen, am Schluss die
Leute entlassen und sobald sie es zerstört haben, ziehen sie wie
ein Heuschreckenschwarm weiter zum nächsten Coup – das ist
wohl das Bild, das hier nahegelegt wird.
Dann
ist die Rede vom Raubtierkapitalismus und vom Ellenbogenkapitalismus.
Das sind ja Begriffe, die uns schon näher liegen, sie haben
einen hohen demagogischen Gehalt und können sicher zu den
gewünschten Erregungszuständen führen, vor allen
Dingen bei denen, die von den Taten dieses Kapitals betroffen sind,
ohne dass sie wissen wie ihnen geschehen ist.
Wenn man aber genauer hinsieht, ... ==========
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