Kurzkommentar --- 10. September 2005
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Günter Rohrmoser Ist
Wachstum alles
Der
Kampf um die Neubildung der Bundesregierung geht seinem Ende
entgegen. Wir haben in diesem Wahlkampf gehört, dass es sich um
eine Richtungs- und Schicksalswahl handelt. Man kann, glaube ich,
sehr bezweifeln, ob die Bürger nun nach wochenlangem Kampf und
unendlichen Diskussionen in den Talkshows des deutschen Fernsehens
verstanden haben, wieso es bei diesen Wahlen um das Schicksal der
Bundesrepublik Deutschland oder eine andere Richtung gehen soll. So
wie die Dinge gegenwärtig liegen, kann man mit einem hohen Grad
der Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Angela Merkel die erste
Bundeskanzlerin sein wird, ganz gleich in welcher
Parteien-Konstellation. Was aber längerfristig die Entwicklung
entscheidender beeinflussen wird, ist die Tatsache, dass eine neue
sogenannte LINKS-Partei, in Wahrheit die mutierte postkommunistische
SED, mit einer Fraktion im neuen Bundestag vertreten sein wird.
Aber
wieso hängt von dieser Wahl das Schicksal der Bundesrepublik ab?
Wenn wir den parteienübergreifenden Slogan der Bürgerlichen,
der Sozialdemokraten, der Grünen und der FDP zusammennehmen,
dann kristallisiert sich heraus, dass die amtierenden Parteien
offenbar unter Wachstum Schicksal verstehen. Alle sind also davon
überzeugt, dass das, was die Bundesrepublik allein noch retten
kann, Wachstum ist. Diese Priorität der Verbesserung der
materiellen Lebensbedingungen –
das ist doch wohl mit „Wachstum“ gemeint –
wurde besonders deutlich, als die Kanzlerkandidatin der CDU, Frau
Merkel, erklärte, wir müssten für Wachstum sein, damit
wir unsere Werte bewahren können. Sie ist also der Meinung, dass
Werte nur dann etwas wert sind, wenn als bedingende Voraussetzung
materieller Wohlstand, wenn nicht sogar Reichtum gegeben ist. Was
aber sind Werte wert, wenn sie nur Funktionen materieller Umstände
und Bedingungen sind, und sobald die den Wünschen der Mehrheit
entsprechend nicht realisiert werden können, dann nichts mehr
wert sind? Die Werte scheinen also trotz aller inständiger
Wertbeschwörungen wenig oder gar nichts wert zu sein.
Es gab nur einen lichten Augenblick im Wahlkampf, als der Bayerische Ministerpräsident in der Kundgebung in Dortmund erklärte, die strukturelle Krise hätte auch geistige Ursachen. Wenn es so wäre, dass die Strukturkrise auch eine Folge und Konsequenz geistiger Ursachen ist, dann müsste man ja die Nachordnung von materiellen Bedingungen und Werten umkehren, denn dann wären ja die materiellen Bedingungen und ihre Verbesserung nicht von wirtschaftlichem Wachstum, sondern von der Bekämpfung der geistigen Gründe und Ursachen abhängig, von denen Stoiber behauptet, dass sie für die Strukturkrise der Bundesrepublik verantwortlich seien. Im Grunde genommen handelt es sich aber um den simplen Satz, den wir bereits in der „Apologie“ bei Platon/Sokrates nachlesen können, dass nicht die Tugend aus dem Reichtum komme, sondern Reichtum eine Folge der Tugend sei. Von dieser grundlegenden Veränderung, von der man hoffen könnte, dass sich auch das Schicksal der Bundesrepublik wenden würde, war nun in dem Wahlkampf, vor allen Dingen in dem der CDU, soweit bekannt, mit keinem Wort die Rede. Es wäre ja hoch interessant zu erfahren, welche Alternative die C-Parteien zu den regierenden Rot-Grünen vertreten. Dazu sind nur zwei Dinge zu sagen. Erstens, das was die sozialtechnischen, auf die wirtschaftlichen Produktionsbedingungen abstellenden Forderungen angeht, soll der Kurs, den Bundeskanzler Schröder Reform genannt und bereits begonnen hat, etwas entschiedener und in einigen Dingen auch rigider fortgesetzt werden. Wenn das so wäre, könnte man von Alternative nicht reden. Mit der Ernennung des Heidelberger Finanzwissenschaftlers Paul Kirchhof ist ein Hauch von Alternative in die etwas nebelige politische Landschaft der Bundesrepublik geweht worden. Das was Kirchhof vorlegt, würde in der Tat, beschränkt auf die Finanz- und Familienpolitik, eine Alternative darstellen. Denn es ist ein klassisch liberal-konservatives Programm, das in den wirtschaftlichen Zusammenhängen die Freiheit der Bürger erweitert und auf der anderen Seite die Selbstbehauptung und Überlebenskräfte der Familie stärkt. Nun erlebten wir das sonderbare Schauspiel, dass wenige Tage nach der Ernennung von Paul Kirchhof einige der Ministerpräsidenten der CDU bereits deutlich signalisierten, dass sie von diesem grundlegenden Ansatz von Kirchhof im Grunde genommen nichts halten und ihm bescheinigten, dass er sich in seiner Gelehrtenstube etwas durchaus Schönes ausgedacht habe, was gut für die Theorie, aber für die Praxis eben nichts tauge. Also scheint es auch in der Gestalt des von der Basis der CDU zum Teil mit großer Begeisterung angenommenen Kirchhof mit einer Alternative, die er durchaus hätte sein können, im Grunde genommen schon vorbei zu sein. Aber wichtiger als die Frage, in welcher Konstellation die etablierten Parteien sich vorfinden werden, wird das Erscheinen der sogenannten neuen „LINKS-Partei“ im Bundestag sein. Denn hier geht es nicht nur um eine Bundestagswahl, hier geht es auch nicht um den Charakter der beiden Vorsitzenden, auch nicht um den durchsichtigen Populismus ihrer illusionären Forderungen, mit denen sie das gesamte Protestpotential in der Bundesrepublik in Ost und West hinter sich bringen wollen, sondern hier handelt es sich ganz augenscheinlich um ein historisches Ereignis mit strategischer Zielsetzung. Seit 1919 leidet die europäische Linke unter der Spaltung zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten, zwischen Menschewiken und Bolschewiken. Führende Vertreter der sozialistischen Parteiführung bis in die Zeit Honeckers, haben diese Spaltung als eine entscheidende Ursache dafür empfunden, dass sie ihr Ziel, den Kapitalismus in ein demokratisch-sozialistisches System zu transformieren, nicht erreicht haben. Nun zeichnet sich zum ersten Mal die Chance ab, dass es zu einer Vereinigung dieser bisher getrennt marschierenden Brüder kommen könnte. Sicher nicht am 18. September, aber wie Wowereit erklärt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit im Jahre 2009 bei den nächsten Bundestagswahlen. Dann hätten wir eine sozialistische Partei in Deutschland, die der Kern und Ausgangspunkt für eine gesamteuropäische sozialistische Einheitspartei sein könnte. Es ist nicht sicher, dass die Dinge so ablaufen, aber es kann nicht geleugnet werden, dass sich unsere Demokratie mit den immensen sozialen und politischen Problemen in einer Situation befindet, in der es die reale Chance und Möglichkeit gibt, dass sich diese Strategie erfüllen könnte. Käme es in Deutschland zu einer solchen Formierung aller Kräfte links von der Mitte unter dem Dach der neuen LINKEN, wäre in der Bundesrepublik genau die Polarisierung absehbar, wie wir sie vor dem Untergang der Weimarer Republik vorgefunden haben. Der entscheidende Unterschied zu Weimar ist der, dass dieser sich neu formierenden sozialistischen Einheitspartei keine organisierte konservative oder gar rechte politische Kraft gegenüber stehen würde. Die CDU hat in ihrem obsessiven Kampf gegen jede konservative und nationale Regung das Feld frei gemacht für eine Lage, in der alle, die – aus welchen Motiven und Gründen auch immer – gegen das sogenannte „System“ sind, ihrem Protest nur Ausdruck verschaffen können, indem sie ihre Stimme der neuen LINKS-Partei geben. Käme es allerdings, wie Frau Merkel verspricht dazu, dass nicht nur alles von Grund auf anders, sondern auch besser würde, und würde in der Tat, wovon die überwiegende Mehrheit der Deutschen nach wie vor träumt, nämlich der Wiederkehr der alten sozialstaatlichen, fast totalen Absicherung des Bürgers gegen jedes denkbare Lebensrisiko wieder möglich, würde sich dieses Projekt der LINKEN erübrigen. Aber wer könnte im Ernst daran glauben, dass eine solche Wiederkehr dieser einmaligen Konstellation, wie wir sie nach dem gelungenen Aufbau der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt haben, möglich ist? Richtig ist, wenn Frau Merkel von der Notwendigkeit einer Neugründung der Bundesrepublik spricht. Aber eine solche Neugründung ist mit Sozialtechnik und mit einigen verdruckst vorgetragenen nationalen Wendungen, mit der Erwähnung des Kampfes für den Religionsunterricht in einem Satz und dem Wort „Vaterland“, was nunmehr kurz vor den Wahlen häufiger über ihre Lippen geht, als wir es gewohnt waren, ganz sicher nicht zu schaffen. Die Neugründung der Bundesrepublik würde in der Tat eine fundamentale, auch geistig-kulturell entwickelte Konzeption voraussetzen und müsste daran anschließen, wohin ein immer stärker werdender Trend in der jüngeren, aber auch in der älteren Generation geht: dem Bedürfnis nach all dem, was nach geschichtlicher Erfahrung eigentlich nur traditionelle, sogenannte konservative Werte sein können. Von dieser unterschwelligen, aber durchaus wahrnehmbaren und in vielen Äußerungen sichtbar werdenden Grundströmung unserer Gesellschaft war in diesem Wahlkampf überhaupt nicht die Rede. Die Erklärung, dass die materiellen Bedingungen in letzter Instanz die auch alles andere bestimmenden Bedingungen sind, folgt dem klassischen Satz von Engels, der formuliert hat, in letzter Instanz entscheiden die materiellen Umstände und Bedingungen. Damit stellt sich die Frage, die wir hier nicht beantworten können, woran es liegt, dass das deutsche Bürgertum, vor allem seine Eliten, wie das schon einmal in der Geschichte der Fall gewesen ist, sich in dieser Ahnungslosigkeit und beklemmenden Orientierungslosigkeit von Strömungen mitnehmen und bewegen lässt, die zu ihrem Untergang und ins Verderben führen. Wir glauben daher, dass die neue Veröffentlichung, die unsere Gesellschaft gerade herausgebracht hat, hier einen sehr wichtigen Aufschluss geben könnte: Günter Rohrmoser „Dekadenz und Apokalypse – Thomas Mann als Diagnostiker des deutschen Bürgertums“. In diesem Werk geht es um eine Interpretation des Werkes von Thomas Mann, in der nicht ästhetische, literarische, literaturgeschichtliche oder biographische Gesichtspunkte im Vordergrund stehen, sondern vielmehr die Frage, wie Thomas Mann den Sturz des deutschen Bürgertums nach dem Ende des 1. Weltkrieges in die faschistische Barbarei interpretiert und verstanden hat und was wir für die Gegenwart aus diesen Erkenntnissen von Thomas Mann lernen können. Der Autor stellt die Frage nach dem geschichtlichen, ja nach dem theologischen Gehalt der beiden großen Romane von Thomas Mann „Der Zauberberg“ und „Doktor Faustus“ und versucht nachzuweisen, dass sich die national-konservative Grundeinstellung, die Thomas Mann in der Veröffentlichung „Betrachtungen eines Unpolitischen“ vertreten hat, sich bis an sein Ende durchgehalten hat. Die Schlüsselbedeutung, die seine christliche Herkunft und der sein Leben und sein Werk bestimmende christliche Impuls waren von entscheidender Bedeutung für seinen Erklärungsversuch der Tragödie des deutschen Bürgertums, was die bisherige Interpretation fast völlig übersehen hat. Thomas Mann hat als Fazit seiner Bemühungen den Satz formuliert, dass den Deutschen ihr Bestes durch des Teufels List zum Bösen geraten sei. Dieser Satz beinhaltet drei Elemente. Das Erste ist, dass es für Thomas Mann überhaupt keinen Zweifel daran gibt, dass es in der deutschen Geistes-, Religions- und Kulturgeschichte nicht nur Gutes, sondern das Beste gibt, und dass daher das, was wir für die Genese des Nationalsozialismus in Deutschland als Grund angegeben haben, nicht die Konsequenz der deutschen Geschichte, sondern der Verrat an dem Besten seines Geistes und seiner Kultur gewesen ist. Es ist erstaunlich und es wäre wert zur Kenntnis genommen zu werden, dass sich einer der größten Autoren der deutschen Sprache und Literatur im Kern als ein konservativer Patriot und seiner christlichen Herkunft und seines Erbes bewußt gewesen ist, und dass er nur aus diesem christlichen Impuls heraus, wenn auch in paradoxer und sehr zaghafter Weise, am Ende seines Romans „Doktor Faustus“ auch einen Impuls für eine die Kontinuität dieser Geschichte weitertragende und formierende Hoffnung gesetzt hat. Im Unterschied zu den meisten Schriften, die aus Anlass des 50. Todestages von Thomas Mann erschienen sind, geht es hier also um die Frage, welche Erkenntnis und nicht nur welchen ästhetischen Genuss das Werk Thomas Manns vermittelt. Im Blick auf die sich abzeichnende Konstellation, die wenn auch in ganz anderer Weise und unter ganz anderen Vorzeichen, immer mehr beklemmende Ähnlichkeiten mit der Weimarer Situation hervortreten lässt, scheint es geboten, dass wir uns endlich diese Erkenntnis aneignen. Die Gesellschaft für Kulturwissenschaft wird unangesehen des Ausgangs dieser Wahl ihre Arbeit fortsetzen. Warum tun wir das? Weil inzwischen die CDU, sowohl aus dem Munde von Angela Merkel als auch durch andere Repräsentanten, deutlich gemacht hat, dass sie nicht daran denkt, irgend etwas an den Ergebnissen der grünen Kulturrevolution zu ändern. Die neue, als besonders christlich apostrophierte Familienministerin hat noch einmal erklärt, dass die CDU nicht daran denke, irgend etwas an der Homoehe zu ändern. Wenn wir Glück haben, wird sich wirtschaftlich etwas ändern, aber nichts von alle dem, was letztlich sogar nach der Einsicht von Stoiber zu dieser sogenannten Strukturkrise geführt hat. Es war interessant zu beobachten, dass „Der SPIEGEL“ vor einigen Wochen die Frage aufgeworfen hat, was konservativ ist. Er vermisste bei der CDU das Konservative und „Der SPIEGEL“ machte sich auf den Weg, um von führenden Vertretern zu erfahren, was denn in der CDU unter konservativ verstanden wird. Glücklicherweise erklärte sich der Generalsekretär Herr Kauder bereit, diese Frage dahingehend zu beantworten, dass gentechnische Manipulationen von der CDU abgelehnt würden, und das sei konservativ. Das ist auch konservativ, aber es dürfte keineswegs geeignet gewesen sein, die Frage des SPIEGELS zu beantworten. Darum bereiten wir als eine der nächsten Veröffentlichungen eine Untersuchung vor, die die geistigen und philosophisch relevanten Zusammenhänge und Antworten zu rekonstruieren versucht, die seit der Französischen Revolution in paradigmatischen Fällen auf die Frage nach dem konservativen Gedanken gegeben wurden. Im Wintersemester findet in der Universität Stuttgart-Hohenheim die Fortsetzung statt mit der Fragestellung, wie in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Herausforderung der Kritischen Theorie der sogenannten Frankfurter Schule geantwortet wurde. Es geht darum, deutlich zu machen, dass auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg, herausgefordert durch eine neue geschichtliche Lage, bedeutende Anstrengungen gemacht wurden, die Kontinuität des konservativen Gedankens zu bewahren und auch in der größten Krise der bürgerlichen Gesellschaft und ihres geschichtlichen Selbstverständnisses diesen Faden fortzusetzen. Die letzten Tage standen unter dem Eindruck des Weltjugendtages der katholischen Kirche in Köln. Dies ist ein Phänomen, das mindestens vielen unserer schreibenden und redenden Intellektuellen ein großes Rätsel aufgegeben hat. Denn unverkennbar ist, dass es sich hier um das überwältigende Ereignis gehandelt hat, dass Hunderttausende von Jugendlichen nicht nur fröhlich, manchmal laut und ganz sicher dem Ereignis nicht immer gerecht werdend, aber doch mit Begeisterung und Überzeugung nicht nur den Papst gefeiert, sondern seine in der Bundesrepublik als stockkonservativ verschrieenen Botschaft mit Ergriffenheit und mit Gläubigkeit gelauscht haben. Der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, Wolfgang Huber, nannte das: „Die Religion ist in die Mitte der Gesellschaft zurückgekehrt“. In der Tat gibt es unübersehbare Zeichen, dass wir es mit einer Art von Rückkehr der Religion in einer so noch vor wenigen Jahren für nicht möglich gehaltenen Weise zu tun haben. Was wir äußerlich wahrnehmen sind Gestalten der Religiosität, fast mehr der mystischen als der rationalen Theologie zuzuordnen, und es stellt sich dringender denn je die Frage, was nun eigentlich den christlichen Glauben von dieser manchmal Züge einer Massenbewegung annehmenden neuen Religiosität unterscheidet. Religiosität und christlicher Glaube sind nicht dasselbe. Daher ist neben der Untersuchung, die der Frage nach dem Konservativismus gewidmet ist, eine Untersuchung geplant unter der Fragestellung, ob die Moderne das Christentum überleben kann. Wir werden also die übliche Sprachregelung umdrehen, in der immer nur gefragt wird, ob das Christentum die Moderne überlebt, und werden die viel interessantere Frage untersuchen, ob die Moderne selber das Christentum überleben wird. Wir haben es augenscheinlich nicht nur mit einer aus christlichen Traditionen genährten Wiederkehr der Religiosität, sondern mit einer weltweit Fronten schaffenden Kraft nichtchristlicher Religion, mit der größten Herausforderung durch den Islam zu tun. Man kann sich schwer vorstellen, dass diese Herausforderung auch nur verstanden, geschweige denn angenommen werden kann, ohne dass wir mindestens ein Wissen um das haben, was das Christentum in seiner Eigenart und Besonderheit von allen anderen Religionen unterscheidet und auszeichnet. Der eigentliche Kern der islamischen Herausforderung ist die Frage an uns: was glaubt ihr? Glaubt ihr überhaupt noch etwas oder meint ihr, wie der Papst sagte, unter der Diktatur des Relativismus leben zu können? Goethe sagte einmal, Zeiten des Glaubens sind immer produktive und aufsteigende Zeiten, Zeiten des Unglaubens sind Zeiten des Verderbens und des Niedergangs. Wir orientieren uns mit diesen erschienenen und geplanten Veröffentlichungen also überraschender Weise an den beiden Grundmotiven von Thomas Mann, dem Nationalen und dem Christlichen. Wir dürfen Ihnen nun noch eine geruhsame Zeit vor der Wahl wünschen und die distanzierte Gelassenheit, mit der man auch noch so dramatisch verkündete Veränderungen zur Kenntnis nehmen sollte, die den Kern der Dinge nicht berühren. Wir hoffen, dass wir weiter mit Ihrer Unterstützung und Ihrem Wohlwollen rechnen dürfen, denn das Schicksal der Bundesrepublik steht in der Tat zur Debatte, aber nicht durch einen an Wachstum orientierten Wahlkampf.
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