Kurzkommentar - 1. März 2008

Günter Rohrmoser
Was sagen Wahlen noch *


Ich hoffe, dass wir alle realisieren, von welch einer fundamentalen Bedeutung der Ausgang der beiden Wahlen in Niedersachsen und in Hessen war. Denn deren Ergebnis bedeutet nicht weniger, als dass wir uns endgültig von dem Parteiensystem, das bisher die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland politisch bestimmt hat, verabschieden müssen. Eine ganz triviale Feststellung ist die, dass in Zukunft nur noch 3er-Koalitionen möglich sind. Nur an den politisch zu lösenden Aufgaben, die zur Gründung der großen Koalition in Berlin geführt haben, kann die wirkliche Bedeutung der nun eingetretenen Veränderung gemessen und beurteilt werden. Der Auftrag dieser Koalition, so wie sie ihn sich selbst gestellt hat, war die Durchführung einer tiefgreifenden Reformpolitik. Die Bundesrepublik Deutschland sollte fundamental in einer auch die Strukturen einbegreifenden Weise reformiert werden. Die Notwendigkeit, die zu dieser Reform geführt hat, war die Überzeugung, dass nicht nur der Sozialstaat, sondern das gesamte gesellschaftliche und kulturelle System der Bundesrepublik Deutschland dem angepasst werden muss, was angesichts der Herausforderung durch die Globalisierung zum Überleben dieses Landes notwendig ist. Eine wirkliche epochale, grundlegend sich auf eine ganz neue Weltlage einstellende und das Land darauf vorbereitende Reform war die Zielsetzung.

Und das erste was man feststellen muss, ist, dass die große Koalition bisher einige Schritte auf einem richtigen Wege zur Lösung dieser Aufgabe getan hat. Aber wenn man noch auf dem Weg ist, ist man eben nicht am Ziel. Über die erfolgreichen Anfänge kam die große Koalition nicht hinaus, weil in dem Augenblick, als die positiven Konsequenzen der unter Schröder eingeleiteten Reform erkennbar waren, begann die SPD sich von ihrer eigenen Reformpolitik zu entfernen. Welche Aufgaben diese große Koalition auch immer noch erfüllt, die ursprünglich von ihr selbst gestellte Aufgabe wird sie nicht mehr erfüllen. Die Anpassung des Sozialstaates an die neuen weltwirtschaftlichen Bedingungen kann wie jede Reform des Sozialstaates in Deutschland nur durch eine große Koalition durchgeführt werden. Sollte nur eine der beiden großen Volksparteien das tun was notwendig ist, würde die andere in eine solche grundlegende Opposition zu diesem Ansatz gehen, dass das für die regierende große Volkspartei das Ende ihrer Regierung bei der nächsten Wahl bedeuten würde. Wenn nicht eine große Koalition diesen Versuch zur Reform machen würde, müsste jede einzelne ihre eigene Niederlage bei der nächsten Wahl bewusst in Kauf nehmen und einkalkulieren. Und dazu ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine der beiden Volksparteien bereit.

Wenn aber eine große Koalition diese Aufgabe nicht lösen könnte, welche 3er-Koalition wäre denn denkbar, der man das zutrauen könnte. Eine solche 3er-Koalition kann und wird es nicht geben. Unter den fünf Parteien, die wir jetzt haben, kann man alle Kombinationen einer möglichen 3er-Koalition durchspielen, keine wird dazu im Stande sein. Was diese Wahl gezeigt hat, ist, dass wir in Deutschland eine strukturelle linke Mehrheit von über 50 Prozent haben. Die eigentliche Linksverschiebung in der Bundesrepublik Deutschland ist die Ersetzung einer strukturellen Rechte-Mitte-Mehrheit durch eine linke Mitte und linke Mehrheit. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass diese strukturelle Mehrheit ihren Niederschlag auch in einer Koalitionsbildung finden wird. Ob das noch vor 2009 ist oder danach spielt keine Rolle.

Wenn man sich nach den gegenwärtigen Plänen und Zielsetzungen mal überlegen würde, was eine solche mehrheitlich linke Mitte an Politik realisieren würde, dann wäre es kein Wunder, wenn wir in wenigen Jahren dort sind, wo wir die DDR mal abgeholt haben. Wenn an dieser 3er-Koalition auch die Grünen beteiligt sein sollten, und ihr Willen das zu tun ist ja nicht zu bezweifeln, dann bekommen wir einen der paradoxesten Versuche, der je an Gestaltung der modernen Gesellschaft unternommen worden ist, nämlich ein staatsinterventionistisches, staatskontrollierendes, staatlich organisiertes Arbeits- und Sozialsystem auf der einen Seite mit dem Versprechen der Verwirklichung der totalen Freiheit im Privaten und Kulturellen auf der anderen Seite. Das wäre ein Experiment wie es in der Geschichte der modernen Gesellschaft noch nicht unternommen wurde. Und da können wir alle gespannt sein, und mit etwas Phantasie kann man sich heute schon vorstellen, wie dieses Land dann aussehen wird.

Man muss deshalb das Wahlergebnis gesellschaftspolitisch und nicht wahlarithmetisch interpretieren. Und da muss man als erstes feststellen, dass sowohl der Ministerpräsident von Niedersachen als auch der von Hessen verloren haben. Beide haben zwischen vier- bis fünfhunderttausend eigene CDU-Wähler verloren. Und dann muss man zweitens feststellen, dass die Zahl derjenigen, die nicht zur Wahl gegangen sind zwischen 33 und fast 40 Prozent ausmacht. Also ist die Mobilisierung des eigenen Potentials, die Voraussetzung für jede tragfähige Politik, unter der Merkel-CDU in beiden Ländern nicht gelungen. Die Hessen-CDU hat rund 12 Prozent und die in Niedersachsen rund 6 Prozent verloren. Wulff ist kein Sieger und sagt selbst, er habe nur gewonnen, weil die SPD weder programmatisch noch personell irgendetwas auf die Beine stellen konnte. Wegen derer extremen Schwäche hat er es noch einmal geschafft.

Auch die zweite große Legende, dass der Ausgang dieser Wahlen die Bestätigung der Notwendigkeit einer an dem, was wir soziale Gerechtigkeit nennen, ausgerichteten Politik, vor allen Dingen der der SPD sei, hält einer genauen Analyse der Wählerzusammensetzung nicht stand. Auffällig ist, dass in Hessen der Zuwachs für die SPD im wesentlichen durch Angestellte und Selbstständige zustande gekommen ist. U.a. hat die SPD bei den Selbstständigen Zuwächse von über 20 Prozent geschafft. Das soll mal einer erklären, wenn das überhaupt noch zu verstehen ist, denn die Arbeiter, die Rentner und die Arbeitslosen, für die die soziale Gerechtigkeitspolitik und die Mindestlohnforderung eigentlich gedacht war, haben der SPD nur einen Zuwachs von jeweils 1 Prozent beschert. Das macht die Sache rätselhaft und man kann nur vermuten, wie das zu erklären ist, wenn gleichzeitig in einem mehr agrarisch bestimmten Land wie Niedersachsen auf Anhieb die neue Linke 7,1 Prozent erzielt und trotz der Zuwächse der SPD in Hessen die Linke auch mit 5,1 Prozent in den Landtag gekommen ist. Die Lafontaine-Partei hat damit ihr wichtigstes strategisches Ziel erreicht. Der ganze Sinn dieser Fusion war, die linke Partei von dem Geruch einer bloßen Ost- und Protestbewegung zu befreien und sie, wie man sagte, im Westen zu verankern. Das ist gelungen. Und Lafontaine wird einmal in den Geschichtsbüchern zu den Politikern gehören, die die Bundesrepublik Deutschland mehr verändert haben als die Politiker, von denen wir denken, dass sie es getan haben.

Das sind alles sehr schwer interpretierbare und noch schwerer verstehbare Tatbestände. Wenn aber in einer Demokratie, in der fast 80 bis 90 Prozent Mitte links, links und ganz links stehen und die Mitte rechts völlig ausfällt, von den 8 oder 10 Prozent potentiellen Wählern der FDP einmal abgesehen, ein Vakuum entsteht, dann bedeutet das natürlich die beunruhigendste Gefährdung der Demokratie, die man sich vorstellen kann. Das was früher einmal die bürgerliche Gesellschaft war, heute Leistungsträger genannt, haben keine politische Kraft mehr, mit der sie sich politisch identifizieren könnten und der sie zutrauen könnten, dass ihre Interessen genauso nachdrücklich vertreten werden, wie die der anderen. Die Möglichkeit, die sie haben und von der sie zunehmend Gebrauch machen, ist, sie wandern aus, allein im letzten Jahr 140000. Es kommen nach einigen Jahren auch welche zurück, aber dieser Trend wird sich zweifellos verstetigen und damit indirekt zur Forcierung einer Mitte links und Linksentwicklung beitragen. Die große Frage für einen, der in der Geschichte über den Tellerrand hinaus nachdenkt, ist, ob wir wirklich aus der Erfahrung des Untergangs, genauer gesagt der Selbstzerstörung der Weimarer Republik etwas gelernt haben. Haben wir wirklich die richtigen Konsequenzen daraus gezogen? Der tiefste Grund für den Untergang der Weimarer Republik war doch die Verzweiflung darüber, dass das Parteiensystem keine Koalition mehr zustande bringen konnte, der man hätte zutrauen können, die Probleme zu lösen, die für die Deutschen, speziell die Mittelschichten überlebensnotwendig waren.

Das ganze wird noch paradoxer, wenn man feststellt, dass die kulturelle Entwicklung in Deutschland sich zunehmend dreht und immer mehr zu – nennen wir es mal so – konservativen Mustern und Ufern zurückstrebt. Eine völlig entgegengesetzte Entwicklung in der kulturellen Dimension auf der einen Seite und der ökonomisch-politischen auf der anderen.

Im Blick auf diese unsere Lage kann ich nur sagen, dazu fällt mir nichts mehr ein, so wie auch Karl Kraus, zu Hitler befragt, gesagt hat, zu dem fällt mir nichts ein, nachdem jetzt triumphierend festgestellt wird, dass mit Roland Koch der letzte gestandene konservative Politiker der Union total gescheitert sei und damit der Konservativismus für die CDU insgesamt. Da wir das Wort konservativ auch in den Mund nehmen, wofür man sich ja eigentlich schon entschuldigen muss, sollte man doch das eine oder andere nochmal feststellen. Ist Koch überhaupt ein konservativer Politiker? Wenn man sich die Politik ansieht, die er in den 9 Jahren als Ministerpräsident in Hessen betrieben hat, so ist das die Politik eines liberalen Pragmatikers gewesen. Also etwas Normaleres kann es eigentlich für die Bundesrepublik überhaupt nicht geben. Man kann sich doch nur wünschen, da wir nichts besseres haben, wenigstens pragmatisch denkende liberale Politiker zu haben. Dieser Herr Koch soll sich nun als konservativer Hardliner, Spalter und Polarisierer im Wahlkampf betätigt haben und in dieser seiner Eigenschaft gescheitert sein. Da fragt man sich doch, wodurch könnte denn Herr Koch gespalten und polarisiert haben? Und da gibt es zwei semantische Sachverhalte. Der eine ist, dass Herr Koch, allerdings mit einer etwas auffälligen Hast, das Bild von München aufgegriffen hat, in dem ein deutscher Rentner zu Boden gestoßen und fast zu Tode getrampelt wurde unter dem Begleitruf „Scheiß Deutscher“. Das ist ja an sich schon ein bemerkenswerter Vorgang, aber man kann ja nicht behaupten, dass dies eine Ausnahme oder ein Einzelvorgang ist. Die Statistik beweist, dass von allen Straftätern 50 Prozent jugendliche Straftäter sind, und unter diesen 50 Prozent sind 25 Prozent Jugendliche mit Immigrantenhintergrund. Und wenn man den Anteil der Immigranten von 3 Millionen auf 82 Millionen umrechnet, dann wird man feststellen, dass der Anteil an jugendlichen Straftätern mit Immigrationshintergrund bemerkenswert hoch ist. Das ist eigentlich ein Tatbestand, der die deutsche Politik längst beschäftigen müsste, aber ganz offensichtlich bisher völlig kalt gelassen hat.

Und nun griff Herr Koch mit bemerkenswerter Gier nach diesem Bild und diesem Tatbestand und stellte die Forderung, man müsse darüber nachdenken, ob man nicht auch durch Strafverschärfung diesem Übel zu Leibe rücken könnte. Und nun wird völlig vergessen, dass zu diesem Schritt des sogenannten Hardliners und Spalters Koch die gesamte CDU-Führung geschlossen ihr Placet gegeben hat, durch einen Beschluss der CDU-Führung in Wiesbaden, die diesen Wahlkampf für richtig gehalten hat. Und dann hat man Plakate geklebt, da stand drauf: SPD Ypsilanti, der Grünenvorsitzende Al-Wazir und die Kommunisten kommen. Nun muss ich sagen, das Plakat ist natürlich dämlich gewesen, aber das ist ja nicht so schlimm, Politiker können ja auch gewinnen wenn sie dämlich sind, nur dürfen sie keine politische Dummheit begehen und die größte politische Dummheit, die unsere Politiker begehen, ist, dass sie die Intelligenz ihres Wahlvolkes unterschätzen. Frau Ypsilanti, die Grünen und die neue Linke pauschal als Kommunisten zu bezeichnen, ist absurd, dumm und falsch. Da muss man sich doch die Frage stellen, wie ist es möglich, dass ein Mann von hoher Intelligenz, dem selbst seine politischen Feinde bescheinigen, dass er eines der intelligentesten und größten politischen Talente seiner Generation in Deutschland ist, eine solche offensichtliche Dummheit begeht. Die Antwort ist ganz einfach. Die CDU insgesamt und nicht nur Herr Koch haben keine Idee mehr. Sie haben nichts mehr, womit sie als für die CDU spezifisch die Wähler werben und die Frage beantworten könnten, warum sie die CDU wählen sollen. Und wenn eine Partei diese Frage nicht mehr überzeugend auch in der Konkurrenz mit anderen Parteien beantworten kann, dann erleidet sie genau das Schicksal, das die CDU in Hessen erlitten hat mit 12 Prozent minus. In Niedersachen wäre es das gleiche gewesen, wenn es überhaupt einen Opponenten für Herrn Wulff gegeben hätte, denn das was die SPD dort angeboten hat war so indiskutabel, dass die eigene Partei darüber krank geworden ist.

Was der CDU fehlt, und das will ich damit sagen, sie hat keine Idee mehr, weil sie keine Philosophie hat, also eine philosophische Grundlage, aus der man Ideen entwickeln kann. Die Epoche, die man politisch gestalten will, muss begriffen sein und zwar nicht nur in ihren tagespolitischen und oberflächlichen Reflexen, sondern in ihrer Tiefenstruktur und ihren letzten intellektuell geistigen Antriebskräften. Und wenn man das nicht erfasst hat, dann kann man auch keine Antwort, zumindest keine zündende Antwort geben auf die Frage, auf welchem geistigen intellektuellen Hintergrund man sich zutraut, eine Lösung vorzuschlagen, die mit den wirklichen Herausforderungen und Problemen der Epoche etwas zu tun hat.

Die wichtigste Bedingung für die Politikfähigkeit eines Menschen oder einer Partei ist, dass sie unterscheiden können muss zwischen Freund und Feind. Platon meint, das kann sogar der Hund, in dessen Art etwas philosophisches liegt, denn wenn er einen Freund nahen sieht, dann wedelt er mit dem Schwanz und sieht er einen Feind nahen, dann schlägt er an. D.h. der Hund kann Freund und Feind unterscheiden, aber eine Partei, die dieser Einsicht entbehrt, kann es nicht. Schließlich erleben wir zu der Halbtragödie noch die Satire, dass 17 führende Politiker der CDU einen Brief an die Öffentlichkeit gerichtet haben, in dem sie sagen, dass die CDU die beste ausländerfreundlichste Integrationspartei im Lande ist, und dass man wegen der Zukunftsbedeutung keinen Wahlkampf mit diesem Thema mehr machen könnte und übernimmt damit, das muss man sich mal überlegen, das Kernargument, mit dem die SPD die CDU bekämpft hat. Und von diesem öffentlichen Vorgang weiß die eigene Parteileitung vorher nichts. Was nach diesem satirischen Nachspiel eigentlich nur noch folgen kann, die Tragödie haben wir schon hinter uns, kann eigentlich nur noch ein Trauerspiel sein.

Für die politische Philosophie in einem solchen epochalen weltgeschichtlichen Übergang, in dem wir uns befinden, gibt es nichts besseres als eine gute philosophische Theorie. Genauso wie man überliefert hat, als die Stadt brannte und alles zu den Eimern lief und Wasser schöpfte, um das Feuer zu löschen, sass Archimedes ruhig in der Ecke. Auf die Frage: Warum kommst du denn nicht und hilfst ein paar Eimer Wasser ins Feuer zu schütten, da sagt er, ich denke über die Theorie der Hydraulik nach, denn wenn die Stadt mal brennt, nützen keine Eimer mehr, da muss man künftig wirksamere Mittel haben, um das Feuer zu löschen.

Es geht nichts über eine gute Theorie. Man darf sich nicht täuschen, man gewinnt keinen Wahlkampf im Konsens, sondern nur in der Konfrontation und Polarisierung. Und von diesem Schwachsinn scheint die CSU auch schon angekränkelt zu sein. Franz-Josef Strauß hat alle seine gigantischen Wahlsiege in Bayern durch härteste Polarisierung und Konfrontation gewonnen. Und dann kommt diese Partei und sagt, die Zeit für Polarisierung ist vorbei, wir müssen jetzt Konsenswahlkämpfe führen. Da kann ich nur Herrn Beck zitieren, der befragt, warum seine Partei in Niedersachsen so schlecht abgeschnitten hätte, sagte, weil sie nicht polarisiert hat. Ist das nicht großartig, weil sie nicht polarisiert hat! Und dann stellte ein Redakteur die Frage, ob dann die CDU in Hessen nicht alles richtig gemacht habe, sie habe ja polarisiert und dann sagt Herr Beck, nein, denn sie habe es unanständig getan. D.h. man muss polarisieren, aber man muss es anständig machen. Aber was anständig und was unanständig ist, das entscheidet die SPD. Es kann zwar der ehemalige Bundeskanzler Schröder sagen, der Ausländer, der unsere Gesetze und Sitten nicht achtet, der fliegt raus und das schnell, das ist staatspolitisch gedacht und gehandelt. Der gleiche Bundeskanzler kann zum Aufstand der Anständigen gegen die Unanständigen rufen und die Unanständigen waren unter anderem die CDU. Das ist nicht polarisiert und nicht unanständig, das ist anständig. Denn derjenige, der im Besitz der anständigen politischen Moral ist, dem braucht man nur zu überlassen zu entscheiden, wer anständig und wer unanständig ist. Solange dieses Monopol in Händen dieser Partei ist, hat die CDU kaum eine andere Chance als den Weichmacherkurs, den sie augenblicklich fährt. Auch der Kampf um die wahre Moral ist ein politischer Kampf. Man darf dem politischen Gegner nicht die Zensur und das Urteil über die wahre und falsche politische Moral überlassen, sonst hat man verloren. Das sind alles Interpretationsfragen, deshalb ist der Kern des Politischen ein Interpretationskampf. Und interpretieren kann nur der, der ein Konzept hat. Und ein Konzept kann nur der haben, der die Wirklichkeit, die er bewältigen will, vorher begriffen hat.

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