Kurzkommentar - 27. Oktober 2017

Albert Wieland
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Idee und Ideologie - Wer interpretiert die Wirklichkeit*


Im Hörfunkprogramm des DLF, auch als „Deutscher Linksfunk“ bekannt, wurde dieser Tage auf hohem intellektuellem Niveau der Umgang, den der Islam mit Geld vorschreibt, abgehandelt. Weitgehend belegt durch die Arbeiten muslimischer Professoren an deutschen Universitäten wurde beispielhaft herausgestellt, dass ein muslimischer Geschäftsmann, der einen Gewinn gemacht hat, ein Almosen von etwa 2,5 % einem Armen geben müsse. Darüber hinaus sei er dem Almosenempfänger für die Annahme der 2,5 % zu Dank verpflichtet, weil dadurch die verbliebenen 97,5 % des Gewinns Halal, also religiös gereinigt worden seien. Quintessenz war, dass islamische Geschäftsleute nicht die westliche Praxis anwenden dürften, um mit Reichtum reicher zu werden und keine Maximalgewinne herausschlagen sollten.

Die Realität islamischer Länder, deren Volkswirtschaften von Korruption und Nepotismus zerrüttet dahinsiechen, fand nicht statt. Die bizarren Gesellschaften dieser Länder mit stecknadelkopfgroßer Oberschicht von Superreichen und in Armut gehaltenen Massen, die an den Frühkapitalismus erinnern, waren dem Redakteur wohl auch nicht bekannt. Die Erwähnung der politisch instrumentalisierten Not der Palästinenser für den Guerillakrieg gegen den verteufelten Westen hätte wohl der Bewunderung des Redakteurs auch Abbruch getan. Vielleicht blieb das aber auch unerwähnt, weil der frühere Palästinenserpräsident Arafat aus den Hilfsgeldern westlicher Weltverbesserer ein Privatvermögen von über 5 Milliarden US-Dollar hinterließ.

Die blauäugige Reaktion eines fortschrittlichen Intellektuellen auf die orientalische Kunst des Märchenerzählens reizt fast unwiderstehlich zu ironischen, wenn nicht gar sarkastischen Kommentaren, wenn er nicht ein Übel der Postmoderne, den Realitätsverlust, zu Tage gefördert hätte. Man war angetreten ein Paradies für alle zu schaffen und dessen Bauplan mit aufklärerischer Theorie umzusetzen. Die Arbeitskräfte für diesen neuen „Turmbau“ rekrutierten und formierten die Großideologien des Sozialismus und Liberalismus, die mit antiautoritären Heilslehren und Hedonismus die Menschen aus den Herkunftsgesellschaften herausholten. Deren Staaten erlebten, dass ihre Institute der Bildung und Erziehung inklusive Lehrplänen, auch von Lehrern, Wissenschaftlern und Sozialberufen von „Gesinnungsgenossen“ unter Kontrolle gebracht wurden, der richtigen Einsicht folgend, dass wenn man die Macht über das Denken der Menschen hat, es unerheblich ist, wer die politische Macht verwaltet. Durch die in Lehrplanreformen festgeschriebene Kulturrevolution und dem dadurch eingetretenen Traditionsabbruch entstand eine neue intellektualisierte Bildungsschicht mit einer universalistischen Menschenrechtsideologie und moralistischem Idealismus, die deshalb sogar verfasste Institute der Selbsterhaltung von Staat, Volk und Familie als überholt ignoriert. Die Bildungseinrichtungen eines freiheitlich demokratischen Rechtsstaates produzieren so ideologisierten Nachwuchs, der betreut durch gleichgeschaltete Medien, dazu angeleitet wird, die hohe Moral gegen Neo- und Altnazis, Rechtsextreme, Rechtsradikale und Populisten zu verteidigen und darin öffentlich bestärkt wird. Obwohl alles gelenkt und in diesem Sinne unter Kontrolle ist, wird eine Welt von Feinden an die Wand gemalt und zur Bekämpfung freigegeben. Der Trend geht in die Einheitsgesinnung mit Einheitsmoral und Feinden, die nur durch bedingungslosen Zusammenschluß zu bekämpfen sind, um das hohe Ideal zu retten. Also ein Weg in die Entindividualisierung und Vermassung, der schon früh in der Entwicklung absehbar war.

Der Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften Friedrich von Hayek wurde gefragt, ob angesichts offensichtlicher Mängel unsere Wirtschaftsordnung durch eine Planwirtschaft des Sozialismus abgelöst werden sollte. Friedrich von Hayek antwortete lapidar, dass dafür nicht genug Weisheit unter den Menschen sei. Vielleicht gilt das um so mehr für das Weltverbesserungsziel, das die Großideologien der Aufklärung befeuert.

Da wie im zuvor erwähnten Beispiel mit der Haltung des Islam zu Geld und Finanzen eine bilanzierbare Praxis von Tatsachen, die die Richtigkeit der Ideen bestätigen, nicht nur fehlt, sondern sogar das Gegenteil belegt, scheinen tatsachenresistente Glaubensakte einer Ideologie die vernunftgeleitete Realitätswahrnehmung zu beschädigen. Dadurch geraten notwendige politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse in eine Art Blindflug, der bisher noch nie gut gegangen ist. D.h., dass Anhänger gleicher Gesinnung durch ihre Mehrzahl keine Sicherheit vor Irrtum haben, wie die Folgen der Irrtümer großer Mehrheiten im letzten Jahrhundert vor Augen führen. Aber wieder einmal scheinen in Deutschland Bekenntnisse zur „richtigen Moral“ zu genügen, um Politik zu machen, obwohl die Zahl Gleichgesinnter die Richtigkeit einer Theorie weder bestätigen noch dementieren kann, sondern allein die Wirklichkeit. Ist die herrschende Theorie, wie in unserem Fall, vielfach widerlegt, kann sie sich mit Druck und Sanktionen an der Macht halten – befristet.

Die Herrschaft über die veröffentlichte Meinung, die Bildungseinrichtungen und ihre Lehrpläne hat durch die Unterdrückung abweichender Meinungen eine neue Qualität angenommen. Alle Vorfälle, Gegenstände und Sachen werden moralisch bewertet, ein Vorgang wie die Preisbildung am Markt. Anschließend wird von dem bewerteten Gegenstand der Sache oder dem Vorfall nicht mehr selbst gesprochen, sondern nur von der moralischen Wertigkeit. Damit verlässt die öffentliche Debatte die Realität und bewegt sich in den Gefilden von Wünschbarkeiten, Utopien oder sogar Wahnvorstellungen. Zusammenfassend versteht man das unter dem Begriff „Wertegemeinschaft“.

Diese quasi-religiöse Ideologie der „Wertegemeinschaft“ greift in unseren Staat ein, in dem sie Entscheidungen in Wirtschaft und Politik bestimmt oder aufhebt. Die Vorgehensweise ist inzwischen routiniert eingespielt und hat die BRD schon mehrfach verändert. Am Beispiel der Nukleartechnologie ist die Vorgehensweise besonders gut abzulesen. Unfälle und Fehlentwicklungen wurden von einer medialen Befürchtungsindustrie dauerthematisiert. Eine neue Art von „Hilfswissenschaftlern“ stellt dazu wie am Fließband Testate für die „wissenschaftliche Richtigkeit“ der Befürchtungen aus und erhält im Gegenzug üppig dotierte Gutachteraufträge, Beraterposten und Lehrstühle. Der aufgeputschte „Rettungsenthusiasmus“ vor allem junger Menschen tritt auf „Demos“ genannten Wallfahrten auf, um die Welt vor der kapitalistischen Skrupellosigkeit der Väter- und Großvätergeneration zu retten. Vor diesem politisch, um nicht zu sagen demagogisch instrumentalisierten Enthusiasmus bricht die politische und die wirtschaftliche Führung und die Kirchenleitungen regelmäßig ein. So geschehen bei der Nukleartechnologie und u.a. auch der Braunkohleverstromung. Auf der Warteliste stehen Verbrennungskraftwerke, die Verbrennungsmotoren, aber auch Banken und Finanzinstitute. Wirtschaftliche Vernunft hat die Dieseltechnologie in letzter Minute vor diesem Fortschritt in den Rückschritt gerettet.

In einer Diskussion nach einem Vortrag mit fast 500 Studenten, die ihn mit Buhrufen und Pfiffen empfangen haben, sagte der Stuttgarter Sozialphilosoph Rohrmoser zu diesem Thema, entweder wir brauchen eine Technologie oder nicht. Wenn wir sie aber brauchen, muss sie umgehend wie alle anderen technischen Errungenschaften die wir nutzen, nach den Anlaufschwierigkeiten beherrschbar und sicher gemacht werden. Eine Aufgabe, die mit politisch instrumentalisiertem, aufgeputschtem Enthusiasmus allein nicht zu bewältigen ist. Die selben Studenten verabschiedeten Rohrmoser mit stehendem Applaus.

Die Schreckensstarre der Ideologen nach der Wahl rührt nicht zuletzt daher, dass ihre bisher erfolgreiche Vorgehensweise in der Wahl 2017, trotz wortreich befürchteter Wiederauferstehung von Adolf Hitler in politisch relevantem Umfang versagt hat. Wir erleben tatsächlich eine Lähmung der Polis, der die Diagnosen über den desolaten Zustand des Gemeinwesens zwar bekannt sind, sie aber gehindert wird ihn zu behandeln. Der demokratische Staat ist in wesentlichen Existenzfragen zwar verwaltend tätig, aber substanziell fast orientierungslos. Eine rechtsstaatliche freiheitliche Demokratie müsste das eigentlich überwinden können. Vorrangig zu unterbinden wäre die Sanktionierung durch Ächtung, Karrierezerstörung und ideologisches Mobbing gegen die, die diese ersatzreligiöse „Wertegemeinschaft“ als Irrweg ablehnen. Die gezielte Unterdrückung anderer Meinungen, Denkansätzen, Perspektiven und Korrekturvorschlägen verödet die öffentliche Debatte zu einer langweiligen und unergiebigen Wiederholung des immer Gleichen. Die mit dem Machtmittel der Manipulation vor Widerspruch und Widerlegung geschützte neomarxistische Frankfurter Sozialphilosophie schafft in unserem Staat Zustände wie im Höhlengleichnis aus Platons Politeia – fast wieder vergessen – da der Lehrplanreform zum Opfer gefallen. Auf einer großen konservativen Demonstration in Stuttgart gegen die Lehrplanreform wurde deutlich, um was es geht, als Gegendemonstranten ein Spruchband zeigten: „Eure Kinder werden wie wir, nicht wie ihr“.

Die Bundesrepublik Deutschland ist damit auf dem Weg in ein linkes Erziehungsmonopol, das sich mit der Umerziehung der Deutschen durch die Siegermächte nach dem II. Weltkrieg vergleicht und dabei vergisst, dass die Siegermächte versuchten, die Schäden einer vergleichbaren Ideologie aufzuarbeiten, um Demokratie und Liberalität in Deutschland wieder zu stärken. Dagegen soll aktuell mit dem in allen seinen Ausformungen gescheiterten Sozialismus der Bundesrepublik Deutschland ein weiterer Versuch aufgenötigt werden. In Erziehungsdiktaturen tritt aber früher oder später ein Zustand ein, in dem die Macht ohne Vernunft und die Vernunft ohne Macht ist, wie sich an nachfolgendem Beispiel belegen lässt.

In der Bundesrepublik Deutschland leben z.T. schon jahrelang ca. 50000 sogenannte Flüchtlinge, deren Asylersuchen abgelehnt und die zur Ausreise verpflichtet wurden. Bis in die unteren Beamtenränge aber werden diese Bescheide aus Gründen politischer Moral nach Gutdünken ausgesetzt. Entgegen anderer Dienstpflichtverfehlungen bleiben diese Verstöße folgenlos. Eine Art schleichende Übersteuerung und Suspendierung von Verfassung und Gesetzgebung, um Willen eines selbstlegitimierenden Moralismus. Ob durch „Machtergreifung“ und „Ermächtigungsgesetz“ oder schleichend verführt durch selbstgerechten Moralismus ist nicht entscheidend, sondern das Ergebnis dem beide Wege zustreben. Einschränkung oder Ablösung der Volksherrschaft und deren Ersetzung durch einen „anderen Staat“, ohne Mitwirkung des Volkes gestützt nur auf Gesinnungsgenossen. Eine moderne Verfassung und humane Gesetze, die nicht wie beschlossen angewendet und ausgeführt werden, lassen einen schleichenden Umbau einer freiheitlich rechtsstaatlichen Demokratie in eine intolerante Gesinnungsherrschaft zu.

In dem Bundestagswahlkampf 2017, der in uniformem Gesinnungsgleichschritt an die Zeiten der DDR erinnerte, sind beide Spitzenkandidaten am Wahlkampfende zu einer krönenden Aussage über ihr Wirken gekommen. Sie wurden in der Schlussphase nicht müde darzulegen, dass es den Deutschen dank ihrer Politik so gut geht, wie noch nie zuvor in ihrer Geschichte. Politische und geistige Trägheit, die vor notwendigen Veränderungen zurückschreckt, weil sie möglicherweise den Wohlstand einschränken könnten, veranlassten die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach zu schreiben, dass „glückliche Sklaven die ärgsten Feinde der Freiheit sind“.

Der Punkt, um den sich offensichtlich alles zu drehen scheint, ist das Denken. Die Philosophie der Antike definierte Denken als einen Prozess. Dabei werden bereits gewusste Erkenntnisse erinnert und mit neu erfahrenen verglichen, um Differenz und Übereinstimmung festzustellen. Damit wurden die Deutschen auf die Suche nach der universalen, aber verborgenen Wahrheit geschickt. Dass nicht die ganze Wahrheit sondern nur Teile, also Erkenntnisse zu gewinnen sind, stellte diesen Prozess auf Dauer. Der Nebeneffekt war, dass man mit möglichst vielen anderen reden musste, denn sie konnten ja andere Erkenntnisse gewonnen haben, die einem selbst noch fehlten. Eine Kultur des freien Gedankenaustausches mit jedem, der der vernünftigen Rede mächtig war, entwickelte sich daraus. Die vielfach gescheiterten und trotzdem die Debatte bestimmenden Ideologen fragen dagegen nur Bekenntnisse zu ihrer ausdefinierten Lehre ab, die sie unter Hinweis auf Zustimmung als richtig behaupten, als ob mehr oder weniger Zustimmung richtig und falsch entscheiden könnten.

Macht man aus der Vergangenheit aber eine dämonische Hölle, wird wohl niemand sie ohne Not erinnern wollen. Damit versiegt mit der Zeit das selbstständige und freie Denken auch bei einem Volk der Dichter und Denker. Stattdessen findet eine Art Flucht in scheinbar unbestreitbare „Sachzwänge“ statt, wie der philosophierende Dichter und Arzt Gottfried Benn aufdeckte. Die großen Verbrechen des vergangenen Jahrhunderts wurden aber dennoch nach propagandistischer Vermittlung einer Art Plausibilität als „Sachzwänge“ vollbracht. Es dreht sich also alles um das Denken, wobei die Kultur einer freiheitlichen Wahrheitssuche und die Thesen einer kruden Ideologie sich als unvermittelbar gegenüberstehen. Die als eine Art Dompteure der Massen auftretenden Intellektuellen mit ihrer Ideologie genannten Sophistik und ihrem hedonistischen Liberalismus können die freie Wahrheitssuche wie schon gehabt solange unterdrücken, bis der für den Menschen konstitutive Hunger nach Wahrheit so groß wird, dass er den Preis des Leidens rechtfertigt.

Eine Analyse der Bundestagswahl 2017 kann unter diesen Gesichtspunkten nicht auf politische Kosmetik hinauslaufen. Es reicht auch nicht, umgehend in einer Art Katzenwäsche linke Sprachregelungen gegen ordo-liberale oder sogar liberal-konservative Parolen auszutauschen, wie schon geschehen bei SPIEGEL, STERN, SZ und einigen Fernsehanstalten, die bisher als falsche Leuchtfeuer das Staatsschiff stranden ließen und so zur Beute machten. Auch die umgehend verstärkt wiederaufgenommene Suche nach unerfüllten oder nicht genügend erfüllten Bedürfnissen kann ja vorhersehbar nur auf ein „weiter so wie gehabt“ der paradiesorientierten Weltverbesserung hinauslaufen. Also eine Fortsetzung des Wahlkampfes für „Gerechtigkeit“ und „gute Politik“, zu der sich die Wähler doch schon unmissverständlich geäußert haben. Es wird wohl mit nicht weniger getan sein, als nach der Entsorgung ideologischen Sondermülls, einen neuen Aufbruch zu wagen mit der Religion der Freiheit und des Denkens, wie der Stuttgarter Sozialphilosoph Rohrmoser, belegt durch Hegel, das Christentum bezeichnete. Von der Ernsthaftigkeit, sowohl der Entsorgung als auch des Neubeginns, wird das Schicksal des deutschen Volkes und seines demokratischen Rechtsstaates wohl nachhaltig beeinflusst werden. Eine wirkliche Revolution durch Kultur müsste es sein, weil weniger sinnlos ist.

Die Bundestagswahl brachte ans Licht, was man schon seit einer Weile beobachten kann, nämlich eine beginnende Abkehr von den Illusionen der Ideologen. Die Einsicht in die Gewissensverknechtung durch politische Moral ist seltsamerweise nicht der Erkenntnis über einen Irrweg zu verdanken, sondern der Differenz zwischen Versprochenem und Eingetretenem, also eine Art Bilanz. Diese nüchterne Realität schwächt den Irrglauben zwar, ist aber keine ablösende Ersetzung durch Besseres, was uns allein helfen kann.

Wie nicht anders zu erwarten war, ist das Gezetere der Ideologen über die Wahlergebnisse unmäßig geworden. Die Reaktivierung der Sprache des Klassenhasses und Klassenkampfes vergiftet die öffentliche Debatte bis zur Unerträglichkeit. Die Absicht kann nur sein, dass man die Wähler rückwirkend für ihre Entscheidung angreift und einzuschüchtern versucht. Im Grundgesetz steht das nicht, aber den Ideologen wurde ja törichterweise Narrenfreiheit gewährt, vergessend, mit welchem gefährlichen Erbe sie hantieren. Der Gesinnungsterror gegen Menschen anderer Meinung nimmt schlimme Ausmaße an und weckt Erinnerungen an die despotische Intoleranz der Jakobiner, ihrer linken und rechten Nachfolger und vor allem daran, wie es danach weiter ging. Dazu Hegel: „Wo die Gesinnung herrschen soll, dort herrscht der Verdacht und gegen den sich der Verdacht richtet, ist schon gerichtet.“

Die großen Parteien operieren, wie es bei ihnen Tradition ist, nach der Wahl mit Ausreden. Favorit nach dieser Wahl ist, dass „Anliegen“ des Volkes von der Politik nicht genügend erkannt bzw. aufgegriffen worden seien. Das habe zu Politikverdrossenheit und Protestwahlentscheidungen geführt. Man hört es also läuten und tut so als wenn man nicht wüsste, wo die Glocken wirklich hängen. Tatsache ist doch, dass die Volksparteien nicht dieses Problem haben, sondern sie sind es selbst, da sie diesen zu Anliegen verniedlichten politischen Willen des Souveräns erst provozierten. Willfährig folgte man jahrelang den verführerischen Propagandatönen der Ideologen und traf Entscheidungen, die entgegen des Auftrags des Grundgesetzes das Gedeihen der Polis der Deutschen nicht förderte, sondern eher verhinderte. Die Wahlergebnisse zeigen, dass die Wähler diese Parteien selbst für die Verursacher dieser „Anliegen“ halten und sich nicht etwa spätpubertär unverstanden fühlen, wie das hingedreht werden soll.

Besonders wurde wohl die widerstandslose Umfunktionierung der freiheitlichen Medien unserer Demokratie in eine „linke Schule der Nation“ zu der sogenannten Lügenpresse angekreidet. Der zweite Schwerpunkt des politischen Willens des Souveräns der Bundesrepublik Deutschland, auch zu einem „Anliegen“ herabgestuft, kreist um die offenen Grenzen unseres Landes. Dieser Vorgang wird nicht wie beabsichtigt als moralisierende Flüchtlingspolitik begriffen, sondern als das, was er von Anfang an war, eine illegale und illegitime Zwangseinquartierung. Die Rolle der Bundeskanzlerin wird man erst dann beurteilen können, wenn sie preisgibt, wer ihr absichernde Garantien gegeben oder den Verfassungsbruch gar erpresst hat.

Wem der Wein zu stark war hat ihn schon immer verdünnt. Die Verdünnung konnte fortgesetzt werden bis die Geschmackslage getroffen war. Ein solcher Verdünnungsvorgang widerfährt dem deutschen Volk über zwei ständig geöffnete Zuläufe. Das Asylrecht und neuerdings die entgrenzende Flüchtlingspolitik. Wie beim Wein, der bei übermässiger Verdünnung nur noch als Spurenelement oder gar nicht mehr im Glas nachzuweisen ist, muss diese gefährlich fortgeschrittene existenzbedrohende „Volksverdünnungspolitik“ korrigiert werden. Und diese notwendige Korrektur darf nicht einer rechten oder linken Gesinnungsbewegung überlassen werden, sondern das ist die vornehmste Aufgabe verfassungstreuer Vernunft. Greift die Ablehnung der sog, Flüchtlingspolitik weiter um sich, vielleicht auch noch als reaktionärer Populismus verteufelt, zerstört das die Wurzel der Demokratie, weil gewählte Volksvertreter und Politiker die Heimat nicht nur nicht schützen und verteidigen, sondern illusionären Vorstellungen folgend, sogar den Bestand des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates gefährden.

In dem beschriebenen Sinne mit all den zu Tage tretenden Mängeln und Fehlentwicklungen wirkt die Bundesrepublik Deutschland in erster Linie auf Europa und auch auf die aktuelle Weltlage ein. Nicht mehr als Leuchtturm von Wissenschaft, Philosophie und Theologie, sondern als anrüchige Deponie der Produkte aus dem Ideengiftschrank des 19. und 20. Jahrhunderts.

Unrühmliche Höhepunkte waren:

- Die Gleichschaltung Europas mit der neomarxistischen Frankfurter Sozialphilosophie, die zu dem EU-Austritt der Briten, mit ihrer Entscheidung gegen Gesinnung und für ihre Demokratie führte

- Die massive Einmischung in die US-Wahl, um Präsident Trump zu verhindern

- Die Intervention in Russland, gerichtet gegen Präsident Putin, mit dem Ziel, mit viel Geld, auch EU-Mitteln, die verbotene kommunistische Partei durch eine kulturrevolutionäre Bewegung der neomarxistischen Frankfurter Sozialphilosophie zu ersetzen

Das stellt nach dem Nationalsozialismus den zweiten Angriff einer gottlosen totalitären Ideologie mit Weltherrschaftsanspruch von deutschem Boden aus auf Völker der freien Welt dar. Das Fehlen militärischer Gewaltanwendung macht diese Angriffe sogar gefährlicher. Es wäre fatal, wenn der Neo-Marxismus nach der Wahl zur Tagesordnung zurückkehren könnte. Eine nachhaltige Reaktion auf die erkannten Übel und das Wahlergebnis wäre, was wir schon lange empfehlen, die geistig-ethische Erneuerung, die auch das Christentum einschließt.

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