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Von den Wurzeln und Werten Europas

Der Sozialphilosoph Günter Rohrmoser im PZ-Forum über die abendländische Kulturkrise

0710



Im Dialog: Professor Günther Rohrmoser (links), der auf Initiative von Dr. Eberhardt Bosch als Vorsitzender der Bosch-Dürrwächter Stiftung im PZ-Forum referierte.
     

Aktueller hätte der Anlass nicht sein können, zu dem der rechtskonservative Sozialphilosoph Günther Rohrmoser im PZ-Forum referierte: Gerade ein paar Tage war es am Donnerstagabend her, dass die EU die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beschlossen hatte.

Wer mit Rohrmosers geistigem Hintergrund vertraut ist und das Vortragsthema des Abends – „Das christliche Erbe in seiner Bedeutung für die europäische Identität“ – betrachtete, dem musste klar sein, dass von dem Stuttgarter Sozialphilosophen einige deutliche Äußerungen zum Themenkomplex EU-Beitritt der Türkei und Wertediskussion in der EU zu erwarten war. Eingeladen zu der Vortragsveranstaltung im sehr gut besuchten Forum hatte der Pforzheimer CDU-Altstadtrat Eberhardt Bosch als Vorsitzender der Bosch-Dürrwächter Stiftung, der – wie auch dem Referenten des Abends – der Erhalt und die Verbreitung christlichen Kulturgutes in der europäischen Gesellschaft besonders am Herzen liegt.

Ein politisch heißes Eisen und ein Referent, der nicht im Verdacht steht, gedanklich der bürgerlichen Mitte nahe zu kommen – dass dies nicht zwangsläufig in einer tendenziösen Veranstaltung münden muss, war eine der überraschenden Erkenntnisse dieses Abends. Denn, bei aller gebotenen Distanz zu seiner exponierten politischen Positionierung: Rohrmoser ist ein brillanter Kopf und Redner, dessen rhetorische Kraft und Schlüssigkeit außer Frage stehen und der weit davon entfernt ist, Munition für Stammtischgefechte zu liefern. Die einstündige,
Das Zitat  
« „Wenn es eine Weltkultur gibt, dann ist sie im Kern und in der Intention europäisch.“ »
  Günter Rohrmoser zur Ausstrahlung europäischer Kultur.

kulturphilosophische Tour d‘Horizon, die Rohrmoser von der Antike und dem Menschenbild des Sokrates über die Wurzeln des Christentums bis hin zu Luther und der Aufklärung bis hin in den in Auflösung begriffenen Wertekanon des Europa im 21. Jahrhundert unternahm, konfrontierte seine Zuhörer mit den ältesten Wurzeln ihrer kulturellen Sozialisation – und die, wie Rohrmoser vielfach untermauerte – ist nicht ohne Bezugnahme auf christliche Werte zu verstehen.

Rohrmoser wirft grundlegende Fragen auf, deren Beantwortung der gesellschaftlichen Debatte überlassen bleibt, etwa die, welche Basis eine europäische Gemeinschaft jenseits des gemeinsamen kulturellen und religiöse Erbe künftig finden könnte. „Wenn einer Kröten frisst und Ungeziefer, dann ist er prominent. Glauben Sie, dass hier noch eine Kultur wachsen kann?“ fragt Rohrmoser.

Natürlich lässt er keine Zweideutigkeiten offen, was seine Haltung betrifft: Wenn er die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hart angreift und das für die Union verheerende Wahlergebnis Merkels fehlender Verwurzelung im christlich-demokratischen Gedankengut anlastet, wenn er den FDP-Vorsitzenden indirekt wegen seines ungenierten Hedonismus angreift und die Deutung des großen liberalen Gedankengutes für sich reklamiert, zeigt er Flagge. Dass er daneben auch die Wimpel einer modernen, selbstbewussten europäischen Identität hisst, die sich vor keinem anderen Kulturkreis zu verstecken braucht, mag als Alibi verstanden werden – aber immerhin flattern sie. Und darüber nachzudenken, was passiert, wenn sie eingeholt werden, kann jedenfalls nicht schaden.

Bosch-Dürrwächter-Stiftung

Die gemeinnützige, bereits 1985 vom Pforzheimer CDU-Altstadtrat Dr. Eberhardt Bosch und seiner Frau Brigitte gegründete Stiftung hat sich neben der Unterstützung von bedürftigen Personen vor allem der Förderung, Erhaltung und Verbreitung des christlich abendländischen Kulturgutes, insbesondere der christlichen Religion verschrieben. Mit der Vortragsveranstaltung im PZ-Forum trat die bislang im Verborgenen wirkende Stiftung erstmals mit einem Projekt in der Öffentlichkeit in Erscheinung.














Fotos: Seibel


Erstellt am: 07.10.2005



















Artikel wurde erstellt von:
Ulrike Bäuerlein



ZUR PERSON
Günter Rohrmoser
Prof. Dr. Günter Rohrmoser (Jahrgang 1927) lehrt Sozialphilosophie an der Universität Hohenheim, bis zum Sommer 1996 zudem Politische Philosophie an der Universität Stuttgart.

Die Schwerpunkte sind Religionsphilosophie, Philosophie des Politischen und Theorie der Gesellschaft. Rohrmoser war Berater von Franz-Josef Strauß und Hans Filbinger, ist Vizepräsident des rechts-konservativen Studienzentrums Weikersheim und Autor zahlreicher Bücher. Rohrmoser verknüpft in Lehre und Schriften Konservatismus mit dem christlichen Glauben.


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